Strategische Investitionen als Antwort auf die Krise
Viele Unternehmen haben in den letzten Jahren von der fortschreitenden Globalisierung profitiert, allen voran die deutsche Exportwirtschaft und die Logistikbranche. Die Deutschen Seehäfen waren Zugpferde auf dem Arbeitsmarkt. „Die Zeiten, in denen die Branche für Jahr neue Rekorde melden konnte, sind nun leider vorerst beendet“, so BLG-Chef Detthold Aden auf der Bilanzpressekonferenz der BLG LOGISTICS GROUP am 5. Mai in Bremen.
Der Welthandel ist deutlich zurückgegangen. Als seehafenorientierter Logistiker ist die BLG davon besonders betroffen, denn die Globalisierung war in den letzten Jahren der stärkste Wachstumsmotor. Die Krise spürt die BLG im Containerverkehr. Im ersten Quartal registrierten die deutschen Terminals ein Minus von 17 Prozent. Hinzu kommt das stockende Geschäft am Autoterminal, wo das Volumen um die Hälfte zurückging. Die rückläufigen Automärkte machen sich auch in der Autoteilelogistik bemerkbar. Damit sind die volumenstärksten Geschäftsfelder der BLG betroffen.
BLG heute stabiler im Markt
Aden: „2009 ist ein schwieriges Jahr. Dennoch haben wir unseren Mitarbeitern zugesichert, dass alle Arbeitsplätze bei uns in diesem Jahr sicher sind. Das ist möglich, weil die BLG ist mit ihren drei operativen Geschäftsbereichen Automobil-, Kontrakt- und Containerlogistik gut aufgestellt ist.“ Durch die Diversifizierung der Dienstleistungen in Deutschland, in Europa und anderen Erdteilen sieht Aden die BLG viel stabiler im Markt als früher, als das Unternehmen nur den Seegüterumschlag in Bremen und Bremerhaven im Portfolio hatte.
Zwar leiden in der Summe alle Geschäftsbereiche unter der Krise, aber es gibt auch Geschäfte, die weiterhin stabil sind und teils sogar noch wachsen. Das trifft Aden zufolge für das Geschäftsfeld Handelslogistik zu. Die größten Kunden sind Tchibo, IKEA, Konica Minolta und Griesson – de Beukelaer. Das handelslogistische Leistungsprofil ist für ein breites Kundenspektrum und viele Warenarten verfügbar. Damit ist die Beschäftigung in diesem Geschäftsfeld im Laufe der Jahre auf 1.600 Arbeitsplätze gestiegen. Zudem profitiert die BLG derzeit von der Abwrackprämie. So in den Technikzentren, in denen Kleinwagen aufbereitet werden, auf den Hinterlandterminals und bei den Automobiltransporten. Zudem konnte die BLG einige Neugeschäfte akquirieren.
Aden: „Betroffen sind wir von der Krise vor allem in unserem traditionellen Kerngeschäft, dem Seegüterumschlag.“ Die gegenwärtige Situation bedeute aber nicht, dass die Entwicklung der Seehäfen dauerhaft beeinträchtigt werde. Der Globalisierungsprozess setze sich natürlich weiter fort und der interkontinentale Handel brauche die die Häfen. Entwicklung nicht dauerhaft beeinträchtigt
In Bremerhaven konnte die Erweiterung des Containerterminals beschleunigt werden und seit September letzten Jahres ist der CT 4 vollständig betriebsbereit. In Wilhelmshaven wird der JadeWeserPort im Herbst 2011 den Betrieb aufnehmen und auch Hamburg baut die Terminalkapazitäten aus. Aden: “Diese Projekte sind für die künftige Entwicklung von großer Bedeutung. Die gegenwärtige Atempause muss genutzt werden, um die Verkehrswege bedarfsgerecht anzupassen. Deutschland ist die Logistikdrehscheibe Europas. Dafür brauchen wir leistungsfähige Straßen, Schienen- und Wasserwege. Investitionen in Verkehrsinfrastrukturen gehören zu den wirksamen Maßnahmen im Rahmen der Konjunkturpakete.“
Die BLG müsse aber auch selbst eine Menge tun, um nach der Krise gestärkt wieder durchstarten zu können. So wird von den Mitarbeitern einen Beitrag zur Sicherung der Arbeitsplätze erwartet. Zum Beispiel die Ausweitung der Arbeitszeitsysteme und die Bereitschaft, Urlaub vorzuziehen. Zudem wird die Zeit für vorgezogene Schulungen genutzt. Mit Kurzarbeit in einzelnen Unternehmensbereichen leistet die BLG einen Beitrag zum Erhalt von Arbeitsplätzen beim Personaldienstleister GHBV. Mit straffen Kostenstrukturen soll das Geschäftsergebnis der BLG gestärkt werden. Auch die Dienstleistungsprozesse und deren Qualität will die BLG weiter verbessern.
Strategische Investitionen werden fortgesetzt
Aden: „Wir überprüfen auch unsere Investitionen. Nicht davon betroffen ist der weitere strategische Ausbau unserer Terminal- und Dienstleistungsnetzwerke.“ So baut die BLG im Zuge ihrer Oststrategie gemeinsam mit einem russischen Partner ein Autoterminal in St. Petersburg auf. Hinzu kommen ein neues Terminal bei Moskau und ein weiteres in Zwickau. Auf der Donau hat die BLG seit November ein zweites Binnenschiff im Einsatz. Fünf Binnenschiffe transportieren Fahrzeuge auf dem Rhein. Neu im Geschäftsbereich AUTOMOBILE ist auch das Joint Venture BLG AutoRail. In den nächsten Jahren wird der Bestand auf 1.275 Spezialwaggons aufgestockt. Zur Integration des Unternehmens E.H. Harms in den BLG-Geschäftsbereich AUTOMOBILE wurden zum Jahresbeginn die Gesellschaftsanteile von Marcel Harms übernommen. Damit hält die BLG 94 Prozent der Anteile. Das sind Aden zufolge langfristig angelegte strategische Investitionen, die nicht wegen einer vorübergehenden Krise in Frage gestellt würden. Zudem wurde ein Neugeschäft zusammen mit der FRoSTA AG in Bremerhaven entwickelt. Dabei geht es um die Verpackungsmittellogistik im Bremerhavener Stadtteil Speckenbüttel. Ebenfalls neu ist ein Vertrag mit Siemens über die Teilelogistik beim Eisenbahnbau. Siemens fertigt im Werk Uerdingen Waggons und Triebköpfe für den ICE 3. Darüber hinaus wird das Kühlhaus der BLG am Containerterminal Bremerhaven gegenwärtig erweitert. 2008 mit Spitzenergebnissen und neuen Geschäften weiter auf Wachstumskurs
Für die BLG LOGISTICS GROUP war auch 2008 wieder ein Rekordjahr. Gegenüber 2007 stiegen die Umsätze um 8,2 Prozent auf 962,6 Millionen Euro und das Vorsteuerergebnis um 6,8 Prozent auf 83,6 Millionen Euro. Investiert wurden 170,7 Millionen Euro – 39,9 Prozent mehr als im Vorjahr. Im Geschäftsbereich AUTOMOBILE wurden 5,7 Millionen Fahrzeuge bewegt. Das waren 10 Prozent mehr als 2007. Auch der Geschäftsbereich CONTRACT konnte weiter zulegen. Dabei wurden rund 180 Millionen Warenbewegungen gezählt, 12 Prozent mehr als im Vorjahr. Der Geschäftsbereich CONTAINER, der durch das Gemeinschaftsunternehmen EUROGATE entwickelt wird, wuchs um 2,3 Prozent auf 14,2 Millionen TEU.
2008 war ein investitionsintensives Jahr mit etlichen neuen Engagements. In Bremerhaven wurde ein drittes Technikzentrum in Betrieb genommen, speziell für die Bearbeitung von Exportfahrzeugen. Ein Vehicle Distribution Center entstand in Malaysia im Joint Venture mit MISC als Partner. Das Unternehmen leistet die Fahrzeuglogistik für das BMW-Werk. In Indien ist Orchid Shipping der neue Partner im einem Joint Venture für Autoteile- und Werkslogistik, Autoterminals und Logistikzentren. In Südafrika ist General Motors ein Neukunde im Bereich der Fahrzeuglogistik. Im thüringischen Kölleda wurde die Werkslogistik im Motorenwerk MDC Power übernommen, einem Joint Venture von Daimler und Mitsubishi. Dort sollen 500.000 Motoren pro Jahr montiert werden.
Die Distribution von Bürogeräten wurde auf Wunsch von Konica Minolta von Bremen nach Emmerich am Niederrhein verlagert. Über das neue Logistikzentrum werden der gesamte europäische Markt und mehrere Länder Afrikas mit Kopierern, Druckern und Faxgeräten versorgt. Das Volumen stieg, weil die Verteilung von Drucker als Neugeschäft hinzukam.
Nachdem das englische Distributionszentrum in Thrapston aufgrund der Logistikkonzentration bei IKEA im Februar 2008 geschlossen wurde, ist die BLG seit August wieder am Standort Doncaster aktiv. Von Doncaster, dem größten Distributionszentrum in England, werden 17 britische IKEA-Häuser beliefert. Damit ist der Leistungsumfang erheblich größer als zuvor in Thrapston. Ein Neukunde ist Griesson – de Beukelaer. Seit Januar liegt die gesamte Logistik an vier Standorten in Händen der BLG. Griesson – de Beukelaer produziert über 140.000 Tonnen Backwaren im Jahr. Zuversichtlicher Blick nach vorn
Seriöse Prognosen zum laufenden Geschäftsjahr sind nach Aussage von Detthold Aden gegenwärtig nicht möglich. Als Logistikdienstleister sei die BLG von der Geschäftsentwicklung ihrer Kunden abhängig. Der Blick nach vorne reiche dabei kaum über einen Monat hinaus. Aden: „Wir haben Erfahrungen mit Krisen. Die schwerste Krise hatte die BLG Mitte der 90er Jahre. Der dann eingeschlagene Weg vom lokalen Hafenunternehmen zur international agierenden Logistikgruppe war erfolgreich. Nach 10 Jahren ununterbrochenen Wachstums gab es in der BLG-Gruppe Ende 2008 rund 15.800 Arbeitsplätze – mehr als die Hälfte davon in Bremen und Bremerhaven.
Die Arbeitsplätze zu sichern, sieht Aden gegenwärtig als oberstes Ziel. Die BLG brauche die gut ausgebildeten eigenen Mitarbeiter und die des GHBV, um nach der Krise wieder durchstarten zu können. Aden: „Die Geschichte hat gezeigt, dass Unternehmen, die schon einmal eine Krise bewältigt haben, anschließend noch erfolgreicher waren. Dafür ist auch die BLG ein gutes Beispiel. Deshalb blicke ich zuversichtlich nach vorne. Die BLG LOGISTICS GROUP ist in ihrem Bestand nicht bedroht. Wir werden auch in diesem Jahr ein positives Ergebnis erwirtschaften. Dessen Höhe können wir aber frühestens im Herbst einschätzen.“
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